Sie begeistern Ihre Gäste mit Ihrem aufmerksamen und lösungsorientierten Auftreten?
Prima, Sie erfreuen sich an Ihrer eigenen Professionalität genauso wie an den dadurch entstehenden strahlenden Gesichtern.
Und Sie wissen: Der Zauber von zufriedenen – und wiederkehrenden – Gästen hat jedoch nichts mit Magie zu tun, sondern mit Gesprächsführung und Konfliktkompetenz.
In diesem Post zeige ich Ihnen, mit welchen einfachen Kniffen der Kommunikation Sie folgende Herausforderungen meistern können:
- Anfragen außer der Reihe bedienen
- Ärger und Wut – Emotionen von Gästen auffangen und in Zufriedenheit ummünzen
- Sprachprobleme – Verständigung ermöglichen
- Grenzen setzen – sich gegen Beleidigungen respektvoll abgrenzen
Top 1: Anfragen außer der Reihe bedienen — oder auch „Dafür bin ich nicht zuständig“
Wer kennt das nicht – Sie brauchen dringend eine Auskunft oder einen Anhaltspunkt und was Ihnen entgegen tönt ist ein „Dafür sind wir nicht zuständig, da fragen Sie bitte bei XYZ nach“.
Sachlich richtig – und für die Kundenbindung eine Katastrophe.
Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie diesen Satz das letzte Mal gehört haben?
Verärgert? Genervt? Nicht gut beraten?
Willkommen im Club!
Wir alle kennen diese Situation – und sind gut beraten, sie unseren Kunden zu ersparen, wenn wir sie nachhaltig begeistern und binden wollen.
Was aber, wenn wir unseren Gästen nun beim besten Willen mit ihrem Anliegen nicht weiterhelfen können?
Wer uns in unserer professionellen Rolle um Auskunft oder Hilfe bittet, der braucht eine Informationen, die er eben nicht hat und bei uns vermutet. So weit, so gut.
DER KNACKPUNKT: DIE BEZIEHUNGSEBENE
Selbst wenn Sie rein sachlich noch so wenig für ihn ihre Kunden können: auf der Beziehungsebene können Sie eine Menge für sie tun.
Denn wie immer sendet eine Kundin uns nicht nur eine Sachanfrage – ganz nach Schulz von Thun schickt sie auch eine Selbstkundgabe und eine Beziehungsebene mit. Wie sehen die aus – und was können wir daraus lernen, um Kundinnen wirklich zufriedenzustellen?
Sehen wir uns dazu ein einfaches Beispiel an:
Ich sitze mal wieder im Zug. Am nächsten Bahnhof steigt eine ältere Dame zu und setzt sich neben mich. Sie schaut sich etwas suchend um und wirkt insgesamt etwas verunsichert. Da eilt eine Dame in Uniform an uns vorbei. Die ältere Dame hält sie an: ob sie ihr denn sagen könne, von welchem Gleis sie umsteigen müsse?
Die kurzatmige Antwort:
Nein, dass könne sie nicht, sie sei vom Bistro, und das sei ja ein ganz anderer Bereich, da müsste sie schon den Schaffner fragen, und das täte ihr ja auch leid, aber das wär jetzt so.
Was meinen Sie zu der Situation?
Es geht mir hier nicht um name and shame. Ganz im Gegenteil: ich bin mir sicher, dass die betreffende Dame es eilig hatte und gute Gründe, so kurz angebunden zu sein. Darüber hinaus kann sie ja wirklich nichts zu den Gleisen sagen.
Warum sprechen wir hier dann noch darüber?
Ganz einfach:
Weil die alte Dame nicht nur wissen wollte, wo sie umsteigen soll. Sondern auch Sicherheit brauchte und das Gefühl, dass sie gut betreut wird. Soweit zur Selbstkundgabe nach Schulz von Thun.
Jetzt werden Sie fragen: aber wie soll die Bistro-Dame ihr denn Sicherheit geben, wenn sie die Antwort selbst nicht weiß? Das ist doch albern!
Ist es nicht.
Stellen wir uns versuchshalber folgende alternative Antworten vor:
„Sie brauchen Informationen zu Ihren Anschlusszügen? Sie möchten wissen, von welchem Gleis ihr nächster Zug fährt? Ist es Ihnen wichtig zu wissen, ob es weit zu gehen ist vom Ankunftsgleis zum nächsten Gleis? Es würde Sie beruhigen, das zu wissen, richtig?“
NEHMEN SIE IHRE KUND_INNEN ERNST
Was versucht diese Antwort?
Richtig, sie versucht die alte Dame mit ihrem Anliegen Ernst zu nehmen – oder in mediativ-deutsch: sie zu sehen mit ihrem Anliegen.
Was passiert mit der alten Dame? Sie wird sich entspannen, denn jemand hat wahrgenommen, dass sie in Not ist und ihr Anliegen erfasst.
Erste Hürde genommen.
Und weiter?
„Alles klar, wann müssen Sie denn umsteigen? Ach, das ist ja schon bald. Hm, sehen Sie, ich kann Ihnen keine Auskunft geben, denn ich arbeite im Bistro und kenne mich auch nicht aus. Und den Schaffner seh ich auch nirgends. Na dann schauen wir mal, was haben wir denn sonst für Möglichkeiten, ihre Gleise rauszufinden?“
IHR FOKUS: DIE BEZIEHUNG UND BETREUUNG – NICHT DER INHALT
Und genau an dieser Stelle übernehmen Sie die Verantwortung für die Betreuung der Kundin, nicht aber für die inhaltliche Beantwortung ihrer Frage. Denn die Sachinformation haben Sie ja nun auch nicht. Sehr wohl aber die Fähigkeit, eine Kundenbeziehung aufzubauen und der Kundin damit eine Brücke zu bauen. Mit diesen wenigen schlagkräftigen Kommunikationsregeln!
Doch wie geht es jetzt weiter – wie sieht eine konkrete Lösung aus?
„Es gibt hier doch sicher einen Faltplan mit den Anschlusszügen, wollen wir da mal draufschauen?“
oder
„Haben Sie einen Reiseplan ausgedruckt bekommen? Ja? Prima, darf ich da mal draufschauen?“
oder auch
„Liebe Mitreisende, darf ich Sie um Unterstützung bitten, Sie haben doch sicher ein smartphone?“
oder oder oder!
Der Möglichkeiten sind jetzt keine Grenzen mehr gesetzt, denn: wie auch immer Sie jetzt diese Info kommen, ist egal. Wichtig ist nur: durch ihre Bereitschaft, sich von der Inhaltsverantwortung zu lösen und in die Beziehung zur Kundin zu investieren, haben Sie Energie freigesetzt. Diese Energie macht Raum für Lösungen. Sie freizusetzen, tut Ihnen in Ihrer professionellen Rolle gut – schließlich konnten Sie jemanden voll und ganz zufrieden stellen und ziehen nicht unverrichteter Dinge von dannen. Das motiviert ungemein.
Vor allem aber macht diese Energie Raum für unsere KundInnen. Und genau daran werden sie sich sehr gerne erinnern – und wiederkommen.
Top 2: Wenn Kund_innen sich aufregen oder ärgern
Kaffee – fester Bestandteil meiner Nachmittage. Ich war Stammkundin bei einem neuen hippen Laden direkt um die Ecke. War? Ja, war. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich mich maßlos über einen der Angestellten geärgert habe – und jetzt meinen Espresso nebenan in der netten italienischen Bodega trinke.
So schnell kann es gehen. Es braucht lange, um Vertrauen aufzubauen – und nur Sekunden, um es zu zerstören. Produkt, Konzept, Preis – das alles zieht nicht mehr, wenn schlechte Erfahrungen damit verbunden werden. Kundenbindung? Fehlanzeige.
Aber eins nach dem Anderen: was war passiert?
Es war ein wunderbar entspannter Sonntag Nachmittag und damit mal wieder Kaffeezeit. Anders als sonst wollte ich mir diesmal meinen Espresso macchiato mit nach Hause nehmen. Bestelle ihn also in froher Erwartung – und was schlägt mir entgegen? Ein kurz angebundenes: „Espresso machen wir nicht außer Haus“. Aus welchen Gründen, möchte ich wissen. „Weil wir dafür keine Pappbecher haben, wir haben nur die großen.“. Es verschlägt mir die Sprache. Ich merke, wie ich ärgerlich werde. Ich bin doch hier Stammkundin, und da verweigert man mir wegen 2Cent meinen Kaffee? „Das scheitert jetzt also daran, dass euch das zu teuer ist, den Becher rauszugeben?“ frage ich ungläubig und deutlich genervt. Das tut es – und nachdem ich meinerseits dazu angezickt werde, dass der Espresso schließlich extrem günstig sei, entscheide ich mich spontan, dass mir die Lust auf Kaffee vergangen ist.
Albern. Kindisch. Nicht den Zirkus Wert? Absolut.
Ein Schaden für Ruf und Umsatz des betreffenden Ladens? Aber sicher.
Klar hätte ich das sportlich sehen können. Dann nehme ich halt n Cappucino. Oder nehme heimlich das Glas mit nach Hause und bringe es 20 Minuten später wieder – fällt keinem auf. Oder ich biete an, schnell von zu Hause ein Behältnis zu holen.
Aber ist all dieses lösungsorientierte Denken meine Aufgabe als Kundin?
Ganz einfach: nein. Ist es nicht.
Es ist Aufgabe von uns als Dienstleister_innen und Unternehmer_innen, wenn wir unsere Kunden dauerhaft binden wollen.
Denn wenn ich Kunden halten will, dann nehme ich ihnen genau dieses Denken und kreative Lösen von Situation ab. Ich nehme wahr, was meinen Gästen gerade nicht passt und nehme das auf. Entschuldige mich für die Umstände und frage mich, wie wir das am besten gewuppt kriegen.
Das heißt nicht: einknicken. Mich hinter Regeln oder Ansagen von Vorgesetzten verstecken. Mich endlos entschuldigen und rausreden.
Sondern: die Verantwortung für die Kommunikation übernehmen und das Gespräch über das Ärgernis konstruktiv führen.
Wie das geht? Zum Beispiel so:
„Hallo, für mich bitte Espresso macciato, zum Mitnehmen“
„Ah, zum Mitnehmen? Hm, eigentlich geben wir kleine Getränke nicht außer Haus raus, es werden so wenige bestellt, dass wir keine kleinen Becher aus Pappe dafür haben, weißt du, das lohnt sich für uns bei dem Preis einfach nicht.“
„Achso, ach das ist ja blöd, und jetzt?“
„Ja, das ist ungünstig, ich weiß, ja ich weiß auch nicht, magst du vielleicht n größeren Kaffee?“
„Nee, nur n Espresso“.
„Ok, wie machen wir das jetzt am besten…ich hab n Vorschlag: ich gebe dir einfach ein Glas mit, bitte bring es nachher wieder und das nächste Mal bringst du eins von zu Hause mit, ok“?
„Ach ja, das ist ja ne gute Idee, Danke, so machen wirs“.
Das Schönste an der Geschichte ist: es geht gar nicht um Pappbecher. Sondern um Kooperation. Die entsteht durch die Bereitschaft, sich die übergeordnete Fragen nach Lösungen zu stellen – sich also vom Pappbecher zu lösen und dem Espresso zuzuwenden. So entsteht einmal mehr Raum für die Bedürfnisse der Kund_innen. Diese werden uns als kompetent und freundlich in Erinnerung behalten – nicht als Menschen, die nach ihrer Pfeife tanzen, sondern als Menschen, die zu jedem Wunsch, den wir haben könnten, eine befriedigende Lösung finden werden.
Auf solche Menschen treffe ich in der kleinen italienischen Bodega gegenüber. Dort ist der Espresso tatsächlich um 20% teurer. Die Inhaber und Angestellten dafür zugewandt und freundlich. Das ist es mir Wert!